Hardcore Winterbergsteigen an der Kreiskogel Ostwand
, Peter mit Markus RafflingDie Kältewelle hatte gerade ihren Höhepunkt erreicht, wenn aber die freien Tage nicht nach Belieben zur Verfügung stehen, heißt es trotzdem raus, wenn man etwas erleben möchte. So machten sich Markus und ich wieder zu einer Winteralpinismus-Tour auf. Diesmal wollten wir durch die Kreiskogel Ostwand in den Seetaler-Alpen klettern. Als wir jedoch am Parkplatz ankamen, und das Thermometer am Auto -18 °C zeige, und uns obendrein ein ordentlicher Wind um die Ohren blies, zweifelten wir beide, ob das heute bei diesen Temperaturen zu bewältigen sein würde. Auf jeden Fall sollte es vor allem von den Temperaturen her gesehen eine harte Partie werden - deswegen das Hardcore ;-)
Die Motivation, bei diesen Temperaturen das Auto zu verlassen war eher gering, jedenfalls wurden die Bergschuhe und Gamaschen diesmal schon mal IM Auto angezogen. Ich glaube, ich hab für eine Tour in heimischen Gefilden noch nie so viel angehabt wie bei dieser Tour. So war es fürs Erste mal auszuhalten. Ein bisschen Auftrieb gab uns zusätzlich die Aussicht auf ein paar Sonnenstrahlen in der Ostwand. Zum Schauen, wo der richtige Weg Richtung Lukas Max Klettersteig geht, haben wir dann, typisch Männer, keine Muse mehr gehabt und sind erst mal dem normalen Wanderweg Richtung Kreiskogel gefolgt. Bald erkannten wir aber, dass dies wohl nicht ganz unsere Richtung zu sein schien. So beschlossen wir, querfeldein zum Einstiegswasserfall, der schon gut sichtbar war, zu queren.
Etwas unter dem großen Eisfall stießen wir auf kletterbares Eis und legten dort die Ausrüstung an. Über einen kurzen Eisbuckel ging's leicht, aber mit viel Gestrüpp zum Fuß des großen Eisfalls. Der sah in der Sonne wirklich gut aus, und Markus startete gleich mal in diese Seillänge. Das Eis war durch die tiefen Temperaturen extrem spröde und trocken. Noch immer blies uns der Wind um die Ohren, und beim Sichern wurde es langsam ziemlich kalt - vor allem für Zehen und Finger. So war ich froh, als ich losklettern konnte. Als ich Markus erreichte waren die Finger aber brutal kalt und ich beeilte mich, gleich weiterzuklettern, um in Bewegung zu bleiben. Nach einem Stück im Eis gelangte ich auf das Schroffen-Gelände und machte bei einem Strauch Stand.
Wir nahmen das Seil auf undqQuerten in Richtung des nächsten Aufschwungs. Dieser wird auch in der Tourenbeschreibung als Mixed-Passage angeführt. Ich startete in die Länge und kletterte zuerst etwas rechts über die Felsen, um dann mit einem Schritt nach links zur Eisspur zurückzugelangen. Hier konnte ich eine Eisschraube platzieren. Ich suchte einen guten Platz für die Eisgeräte und mit zwei drei Schritten war auch diese Stelle überwunden. Mit Möglichkeiten für einen Stand nach dieser Stelle schaut's nicht so gut aus, durch Zufall entdeckte ich zwei zusammenstoßende Felsblöcke, die so eine Fels-Sanduhr bildeten.
Da uns beiden nicht mehr gerade warm war, schnappte sich Markus nur schnell die Eisschrauben und startete gleich in die nächste Länge. Fotos zufolge ist in dieser Passage meist viel mehr Eis, bei unserer Begehung ging's zuerst im Schnee weiter, bevor das Eis wieder kletterbar wurde. Am Eis geht's ein Stück gerade rauf und dann links über eine Eisrampe hoch. Durch die große Kälte und das deshalb sehr harte Eis, gingen sogar unsere Black-Diamond Express Eisschrauben teilweise nur schwer ins Eis.
Nun ging's wieder ein Stück im Schnee weiter. An dieser Stelle könnte man auch entweder über den Klettersteig weiter klettern, bzw. leichter rechts im Schnee bzw. Schroffen aufsteigen. Wir wählten jedoch eine direkte Linie. Über einen kleinen Felsabsatz ging's wieder zum Fuß einer schmalen Eisspur, wo ich einen Stand bauen konnte. Markus kletterte weiter; etwa nach der Hälfte der Seillänge hörte das Eis aber auf und es geht im Steirer-Mixed (Fels und gefrorene Schroffen) nochmal kurz steil auf die nun flacher werdende Gipfelflanke. Nun wird auch der Nordwestwind stärker, da wir uns dem Gipfelgrat nähern. Wir packten das Seil in den Rucksack und stiegen die letzten Meter auf den Gipfelgrat. Wir sind glücklich und begeistert, dass wir es bei diesen Verhältnissen geschafft haben. Der Wind blies uns jetzt aber mit voller Stärke entgegen. Mit den Wetterdaten von der Hohen Rannach, die ich mir Zuhause noch gezogen hab, lässt sich aus den etwa -17 °C und Windspitzen von bis zu 80 km/h eine gefühlte Temperatur (Windchill) von etwa -35 °C ausrechnen.
Genau so fühlte es sich auch an. Für uns gab es jetzt nur noch eins, so schnell wie möglich absteigen. Kaum hatte ich das Gesicht kurz in den Wind gedreht, brannte der Wind bereits auf der Haut, jetzt dürfte nichts schiefgehen. Markus hat teilweise Probleme beim Sehen, da seine Sonnenbrille vereist war und er diese abnehmen musste - so konnte er teilweise praktisch nicht mehr schauen. Im Laufschritt folgten wir dem Wanderweg und können uns erst kurz vor der Abzweigung Richtung Winterleitensee etwas entspannen, da hier der Wind etwas nachließ und uns fast wieder warm wurde.
Nun konnten wir uns etwas entspannen und waren froh und stolz, diese Tour bei diesen Bedingungen geschafft zu haben. Wenn es etwas wärmer ist und vielleicht etwas mehr Eis hat, ist es eine tolle Winter-Tour - ein kleines Abenteuer praktisch vor der Haustür.
Informationen und Hinweise
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Firn und Eisklettern in den Ostalpen | Eine Beschreibung der Tour gibt's auch in 'Firn und Eisklettern in den Ostalpen' Seite Tour Nr. 96 (Seite 202) |