Winterbesteigung des Pointe d'Arcalod über das Westcouloir
, Peter mit Andy PeisserSeit einiger Zeit leben meine Freunde Carine und Andy Peisser nun in Jarsy, im Massif des Bauges, nahe Albertville. Dieses wunderschöne aber nicht sehr bekannte Gebiet hat zwar keine hohen Berge wie etwa die Chamonixer-Gegend zu bieten, aber speziell im Winter bietet sich eine Fülle von bergsportlichen Aktivitäten. Vom Skitourengehen über Eisklettern bis hin zum Winterbergsteigen im klassischen Sinn, ist alles möglich.
Schon seit längerem hegte Andy den Plan der Besteigung des Pointe d'Arcalod über die im Winter seines Wissens noch nie bestiegene Westseite. Der Berg ist zwar nur etwas über 2200 Meter hoch, hat im Winter aber einen wirklich äußerst hochalpinen Charakter.
Pointe d'Arcalod über das Westcouloir (Schnee bis 50°, Eis bis 75 ° und Fels bis II)
So machten wir uns am frühen Morgen des 16. Februar 2004 erstmal an die 1200 Höhenmeter Zustieg um zum Westgrat und das Westcouloir zu kommen. Im Tal war der Nebel total dicht, aber als wir über den Col de Cherel auf ca. 1500 Meter Seehöhe kamen, durchbrachen wir die Nebeldecke und uns bot sich ein wunderbarer Anblick, nur die Berge ragten aus dem Meer aus Nebel, und darüber der strahlend blaue Himmel.
Über harten Schnee stiegen wir weiter bis wir einen kleinen Sattel am Fuße des Westgrates erreichten. Wir entschlossen uns eine steile Schneerinne etwas rechts vom Grat zu nehmen, diese war zwar stellenweise von Felspassagen durchzogen, aber es sah so aus, als würde sie recht weit Richtung Nordgipfel hinaufziehen. Wir legten die Steigeisen an, nahmen den Pickel zur Hand und stiegen in das Couloir ein. Die ersten Meter noch seilfrei, entschlossen wir uns bei der ersten kombinierten Passage doch, uns anzuseilen. Wenngleich die Sicherungsmöglichkeiten doch sehr beschränkt waren, meist am Steckpickel oder im besten Falle an einem Felsköpfel, aber insgesamt ist die Absicherung dieser Tour eher heikel, hier ist es wichtig, sicher unterwegs zu sein. Nach einiger Zeit im steilen Schnee, stießen wir auf einen ca. 75 Grad steilen Absatz mit Blankeis. Wir hatten zusätzlich ein Eisgerät mitgenommen, so kletterte Andy diese Passage mit seinem Pickel und dem Eisgerät vor, ich hatte dann das Vergnügen, das Ganze nur mit dem Pickel zu klettern - das war am rechten Rand, mit einer Hand im Fels und mit dem Pickel im Eis, mit etwas Geschick auch gut möglich. Ich würde diese Stelle als die technisch Anspruchsvollste bezeichnen. Danach geht's in ca. 50 Grad steilem harten Schnee weiter. Nach einiger Zeit stießen wir wieder auf eine kombinierte Passage, die mit Vorsicht geklettert werden wollte, verschneite Felsen und keine Möglichkeit, eine Sicherung anzubringen. Ich überkletterte diese Stelle, und sicherte Andy dann am Steckpickel nach.
Ca. 50 Höhenmeter unter dem Nordgipfel erreichten wir einen kleinen Sattel, rechts zieht eine Schneerinne zur Westflanke. Kurz nach dem Sattel war nochmal eine Felskletterstelle zu bewältigen. und kurz danach erreichten wir den Nordgipfel. Ein sehr schöner aber auch nicht zu unterschätzender Teil der Tour ist nun aber noch der Weg vom Nord- auf den Südgipfel, dieser ist sehr ausgesetzt, und manchmal wirklich ein Ritt auf Messers Schneide, wie auf den Fotos zu sehen ist.
Insgesamt haben wir uns darauf geeinigt die Tour mit 'Dificile' (Schnee bis 50°, Eis bis 75 ° und Fels bis II) zu bewerten.
Absteigen kann man dann am besten bis zu dem kleinen Sattel, von dem eine Schneerinne in die Westflanke führt, diese ist zwar auch recht steil, kann aber auch im Abstieg begangen werden. Im unteren Teil mussten wir uns an einer Eissanduhr abseilen, da einige Meter steiles Blankeis vorhanden waren.
Am nächsten Tag machten wir uns nochmal auf den Weg zum Arcalod, diesmal wollten wir uns den ebenfalls im Winter nicht begangenen Nordgrat vornehmen. Dieser ist zwar länger, aber technisch etwas leichter. Landschaftlich ein Traum, wir hätten dort Fotos schießen können, die auch so manchen hochalpinen Grat vor Neid erblassen lassen würden. Diesmal stiegen wir über den Westgrat ab, dieser ist jedoch eine sehr brüchige Angelegenheit, und wir mussten uns auch einmal abseilen. Insgesamt halte ich den Abstieg über die Westflanke als den besseren.
So haben wir den Berg an zwei Tagen über vier verschiedene Routen kennengelernt, wirklich lustig von der Haustür aufbrechen zu können um solch tolle Berge zu besteigen.